Freitag, 1. Mai 2015

Von der Absichtlichkeit des Zufalls im Leben des Einzelnen


 „Allein, wenn wir auf unseren zurückgelegten Lebensweg zurücksehen und besonders unsere unglücklichen Schritte nebst ihren Folgen ins Auge fassen; so begreifen wir oft nicht, wie wir dieses haben tun und jenes unterlassen können; so dass es aussieht, als hätte eine fremde Macht unsere Schritte gelenkt.“  (Schopenhauer)  

Es war gegen 2 Uhr nachts gewesen. Ich hatte mich in den „Daydream“ begeben, einen Kaffee getrunken und mich gefragt, was ich hier eigentlich in diesem trübseligen Auffangbecken für Nachtschwärmer und Schlaflose sollte. Dann kam Rolf in einem Pulk von leicht angesäuselten Nachtgängern herein und sogleich kam Stimmung in die Bude.
     Sie hatten sich alle an den Tresen gesetzt, lautstark Bier bestellt und sich zugeprostet. Eine Weile rang ich im Halbdunkel der Kneipe mit mir, dann stand ich auf und ging nach vorne. „Ah“, sagte Rolf lachend, „du hier. Welch ein Zufall!“ „Zufall“ ,entgegnete ich, „den gibt es doch gar nicht! Du als abgebrochener Philosoph (er hatte mal sechs Semester Philosophie studiert, was er bei Gelegenheit immer mal gerne erwähnte) solltest doch Schopenhauers: Von der scheinbaren Absichtlichkeit des Zufalls, kennen!“
     „Was, die scheinbare Absichtlichkeit des Zufalls! Wie ist das denn gemeint?“ fragte er erkennbar amüsiert. Darauf ich: „Eigentlich heißt es ganz korrekt: Von der scheinbaren Absichtlichkeit des Zufalls im Schicksal des Einzelnen! Gemeint ist, dass ein Zufall wie unsere Begegnung hier nicht willkürlich geschieht, sondern einer höheren Lenkung unterliegt.“ „Ah, da haben wir doch wieder“, sagte er lachend, „jetzt kommt dein Gott ins Spiel! Ich muss mal zuhause nachschauen, ob es den Aufsatz überhaupt gibt oder du ihn nur erfunden hast.“
     „Und was bedeutet in dem Zusammenhang das Wort scheinbar?“, sagte auf einmal eine Stimme von der anderen Seite zu mir. Ich drehte mich halb um und blickte in das recht sympathische Gesicht eines mittelalten Mannes. „Hi“, sagte er, „ich bin der Bernd. Habe euer Gespräch gerade mitbekommen. Scheinbare Absichtlichkeit heißt doch, dass es in Wahrheit gar keine Absichtlichkeit gibt. Sie eben nur scheinbar ist, oder?“

     Wir drei sprachen bis fünf Uhr morgens über dieses Thema. Für Rolf gab es keine höhere Macht und demzufolge keine Lenkung. Bernd war sich da nicht so sicher, mochte aber auch nicht an ein höhere Lenkung glauben, eher an eine magnetische Anziehung von Energien. „Also“, sagte ich abschließend, „ der Zufall ist oft so unwahrscheinlich, dass ich mir nichts Anderes als eine höhere Lenkung vorstellen kann.

In den darauf folgenden Wochen traf ich Rolf mehrmals „zufällig“ an den verschiedensten Stellen in der Stadt. Jedes Mal sagte ich lachend: „Ja, ja, die scheinbare Absichtlichkeit des Zufalls ...!“ Einmal lachte er auch: „Ja, ja, aber eben nur scheinbar!“
Dann einmal verließ ich die Kirmes auf den Düsseldorfer Rheinwiesen, und ging zur Rheinbrücke. Und wer kam mir da entgegen? Rolf! Er sah mich, lachte, und sagte dann: „Ja, ich weiß schon, die scheinbare Absichtlichkeit des Zufalls ...“    

  Er hatte es kaum ausgesprochen, als auf einmal Bremsgeräusche eines Fahrrades hörbar wurden. Wir schauten beide unwillkürlich hin. Vor uns stand Bernd und sagte: „Was für ein Zufall! Wollt ihr auch zur Kirmes?“
    Ich verabschiedete mich kurz darauf von den Beiden und war mir nicht sicher, ob sie den besonderen Moment erfasst und die Botschaft wirklich verstanden hatten. Oder ob sie eben doch nur von einer rein zufälligen Begegnung ausgegangen waren und die Begebenheit gleich wieder vergessen hatten.

Dienstag, 28. April 2015

Ein 20 Euro-Wunder



Vor einigen Jahren geriet ich unversehens in eine Notlage. Kühlschrank leer, Geldbörse (fast) leer und ein von mir erwarteter Geldbetrag war nicht auf dem Konto. 
   Nun kam ich noch so halbwegs über den Tag, aber am Abend war ich vollständig pleite. Und das erwartete Geld war immer noch nicht auf dem Konto eingegangen. Ich hätte aber gerne etwas eingekauft. Was nun?
     Ich fuhr ein wenig ratlos mit meinem Fahrrad umher, vielleicht habe ich auch gebetet, auf jeden Fall war ich in einer gewissen Grundhaltung, dass noch etwas passieren würde. 

Irgendwann kam ich an einer mir unbekannten Bankfiliale vorbei, als mir auf einmal - recht intensiv - der Gedanke kam, doch noch einmal auf meinem Konto nachzuschauen. An sich sinnlos, da es schon weit nach Geschäftsschluss war und das Geld frühestens am nächsten Morgen auf dem Konto sein konnte.
    Aber ich hielt, dem Impuls folgend, an und begab mich in den Vorraum mit den Bankautomaten. Niemand sonst war zu sehen. Ich ging zu dem erstbesten Automaten, holte meine Bankcard heraus und traute meinen Augen nicht. Ein 20 Euroschein steckte im Automatenschlitz.  
   Das gibt es doch nicht! dachte ich und zog den Schein freudig erleichtert heraus. Dann dankte ich für das kleine Wunder und begab mich gleich in den nächst gelegenen Supermarkt. Der Abend war gerettet!

Einige Jahre später war ich ganz in der Nähe jener Bankfiliale nachts unterwegs. Ich befestigte gerade an einem Laternenpfahl einen christlichen Flyer, als mich ein unbekannter Mann mittleren Alters grüßte. Spontan grüßte ich zurück und reichte ihm einen meiner Flyer. So kamen wir 2 Uhr nachts ins Gespräch.
    Wie sich irgendwann herausstellte war er in einer finanziellen Notlage. Spontan holte ich meine Geldbörse hervor, nahm 20 Euro heraus und schenkte sie ihm. Er wollte sie erst nicht annehmen, aber ich nötigte sie ihm geradezu auf. Gelegentlich kann man auch mal eine gute Tat tun! 

Zwei 20 Euro-Geschichten, zeitlich einige Jahre auseinander gelegen. Bis vor ein paar Tagen bin ich nicht auf die Idee gekommen, dass zwischen den beiden Geschichten ein Zusammenhang bestehen könnte. 
   Aber auffällig ist schon, dass zwischen beiden Ereignissen eine gewisse räumliche Nähe besteht.  Könnte man es vielleicht so sehen: „Die 20 Euro, die ich so unerwartet in erhalten hatte, waren- Jahre später - bei jemanden gelandet, der in einer ähnlichen Notlage wie ich gewesen war.“
   Natürlich ist dies eine gewagte Deutung, aber meine nun beinahe 30 Jahre Nachfolge Jesu haben mich gelehrt, dass das Wirken Gottes in dieser Welt sehr umfassend und tiefgründig ist. Soweit ich das aus meiner "Froschperspektive" beurteilen kann
   Und vielleicht ist diese Anekdote auch eine kleine Illustration des Bibelverses: „Ich will dich segnen (20 Euro erhalten) und du sollst ein Segen sein (20 Euro gegeben)!“ 

Samstag, 25. April 2015

Ein Fingerzeig gab mir die Richtung an


Eine autobiografische Geschichte aus den neunziger Jahren:

 
„ Der Begriff Vorsehung nimmt eine zentrale Funktion in Defoes Religiösität ein. ... Gott hat die Möglichkeit auf vielfältige Weise dem Menschen für seine Entscheidungen Fingerzeige zu geben, ohne doch wesentlich in die Natur einzugreifen.“
(Wolfgang Riehle über Daniel Defoe, den Autor von "Robinson Crusoe")

Ich war den ganzen Tag schon unterwegs gewesen. Jetzt am frühen Abend befand ich mich am Ende der Bremer Innenstadt. Kalt war es an diesem Februartag  und ich hätte mich gerne irgendwo aufgewärmt. Aber ich  soeben hatte ich einen Fingerzeig von oben erhalten und machte mich auf den Weg in Richtung Schlachthof-Cafe.
   

Seit ich Christ geworden war, waren solche Fingerzeige nichts Ungewöhnliches für mich. Ich verließ mich auf sie und in der Regel funktionierte es.  Aber an diesem Abend war ich ungehalten und ich begann mit Jesus zu diskutieren: „Was soll ich um diese Uhrzeit im Schlachthof. Da ist doch sowieso nichts los. Und teuer ist es auch.“ Finanziell war ich damals nicht gerade auf Rosen gebettet.
    Aber so sehr ich auch nach einem die Richtung änderndem Fingerzeig Ausschau hielt, und gleichzeitig auch in mein Inneres horchte, es kam "nichts" mehr. Und so stapfte ich mürrisch weiter in Richtung "Schlachthof".

Als ich wenig später die Eisentreppe zum Kulturcafe hochstieg, war ich immer noch schlechter Laune. Der „Schlachthof“ war eigentlich kein schlechter Ort, besonders am Wochenende oder spät abends. Aber jetzt war es früher Abend und mitten in der Woche.
   Im Cafe beschlug sofort meine Brille. Zumindest warm war es hier und relativ gut besucht, wie ich überrascht feststellte. Aber es war so, wie ich vermutet hatte. Niemand Bekanntes war zugegen. Da ich aber nun schon einmal da war, beschloss ich erst einmal zu bleiben und mir einen Kaffee zu bestellen.
  So stellte ich mich an den Tresen und wollte gerade eine Bedienung ansprechen, als mir jemand auf den Rücken schlug und sagte: „Das ist aber eine Überraschung! Was machst du denn hier?“ Ich blickte nach links in das Gesicht eines gut aussehenden, langhaarigen jungen Mannes. Irritiert fragte ich: „Entschuldigung, woher kennen wir uns?“
    „Na, weißt du nicht mehr? Ich bin der Koch aus den  Weserterrassen. Wir haben da mal einen Abend zusammen gesoffen.“  
    Dunkel begann ich mich zu erinnern.  Dieser erwähnte gemeinsame Abend war aber schon eine ganze Weile her. Das er sich an mich noch erinnern konnte, war schon erstaunlich. Ich lächelte: „Ja, ich erinnere mich. Aber was das damalige Saufen angeht, so war das wohl eher dein Part gewesen.“ Er lachte und sagte: „Ja, so wird es wohl gewesen sein! Trinkst Du ein Beck`s mit?“


So saßen wir bestimmt zwei Stunden dort am Schlachthof-Tresen und sprachen über Gott und die Welt. Unter Anderem erzählte ich ihm meine dramatische Bekehrungsgeschichte, die ihn ziemlich verblüffte. „Erstaunlich“, meinte er, „ besonders die Sache mit dem Tischchenschreiben. Funktioniert das denn wirklich?“
    Ich erklärte ihm die Sache etwas ausführlicher. Aber nicht ausprobieren“, sagte ich schließlich, „die Sache kann dich in des Teufels Küche bringen. Mit Geistern ist nicht zu spaßen.“ „Nee, nee“, entgegnete er, „mach dir keine Sorgen. Mit denen möchte ich keine nähere Bekanntschaft machen.“ 

     Dann lächelte er: „Hast du aber verdammt viel Schwein gehabt. Die Geschichte hätte auch richtig übel für dich ausgehen können. Vielleicht war es ja wirklich der liebe Gott, der dir da aus der Patsche geholfen hat.“ ( Näheres: (hier clicken)
  Er rief die Kellnerin herbei, gab ihr beide Deckel und sagte: „Ich zahle zusammen!“ Nachdem er noch ein Trinkgeld gegeben und das Restgeld eingesteckt hatte, stand er auf und sagte: „So, ich habe noch eine richtig schöne Überraschung für dich. Dazu müssen wir aber zu meinem Wagen gehen.“


Wir waren schweigend über den Parkplatz an der „Bürgerweide“ gegangen und standen nun vor einem geöffneten Kofferraum eines Wagens. Mein Bekannter zog einen großen Karton hervor und stellte ihn auf dem Boden ab. „So“, sagte er, „schau mal nach. Vielleicht ist ja etwas für dich dabei!“
     Ich ging in die Hocke und schaute in den Karton. Jede Menge Bücher lagen da wahllos verstreut. Ich griff zwei heraus und staunte nicht schlecht: „Das sind ja christliche Bücher!“ Er lachte: „Nicht nur! Aber schau doch einfach nach. Was dir gefällt, kannst du mitnehmen.“
      Nach einigem Herumstöbern entschied ich mich für die Lebensbiografie eines Südamerika-missionars und einem Buch mit dem Titel (sinngemäß): „Leben in der Führung Gottes“. „Mehr nicht?“, fragte er nach. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, danke, die genügen mir! Aber mich würde jetzt mal interessieren, wie du an so eine Menge christliche Bücher gekommen bist.“
     Wie sich herausstellte hatte er am Nachmittag bei einer Haushaltsauflösung mitgeholfen und man hatte ihm angeboten, doch sich bei den Büchern zu bedienen. „Da habe ich einfach mal so einen Karton voll gepackt. Ich dachte, dass ich die vielleicht auf dem Flohmarkt verkaufen könnte.“ Er lachte: „Schon ein merkwürdiger Zufall, dass wir uns ausgerechnet heute getroffen haben. Als hätte es so sein sollen.“
   Ich erzählte ihm davon, dass ich einen Fingerzeig erhalten und nur deshalb in den „Schlachthof“ gekommen war. Er hörte mir nachdenklich zu. „Schon seltsam“, sagte er, „ich denke, dass ich mich irgendwann mit dem Thema Glauben einmal näher auseinandersetzen muss.“

Als ich wenig später alleine über die „Bürgerweide“ ging, dachte ich dankbar: Wie gut, dass ich mich auf den Fingerzeig eingelassen habe.  Ich wäre eine interessante Begegnung und zwei gute Bücher ärmer gewesen.
 

Samstag, 18. April 2015

Kann das Alles nur Zufall sein?


Heute morgen, kurz nach dem Aufwachen, kam mir plötzlich die Idee, dass ich ja (wieder mal) etwas über den ZUFALL schreiben könnte, Als ich wenig später in meiner Wohnstube darüber nachdachte, kam mir Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ in den Sinn. Schließlich nahm ich es vom Bücherregal und schlug es auf und blickte genau auf folgende Stelle:
    „Genauso absurd ist die Geschichte, als ich in Ägypten in einem Hotel mitten in der Wüste fast an einer Vergiftung gestorben wäre. Drei Zimmer weiter machte zufällig eine Kardiologen-Koryphäe aus Kairo Urlaub und rettete mir mal eben das Leben.
Das gibt es noch ein paar Geschichten, die die Frage nahe legen: Ist das alles ZUFALL?“ (Seite 140)
    Konnte das jetzt ein Zufall sein, dass ich einen Essay über den Zufall schreiben wollte, mir Ich bin dann mal weg in den Sinn kam und nun ausgerechnet diese Stelle im Buch aufgeschlagen hatte? Nein! Und so entschloss ich mich meine Idee auch wirklich in die Tat umzusetzen und begann diesen Essay zu schreiben. 

Wir alle kennen kennen solche Geschichten aus unserem Leben, wo wir uns mit Kerkeling die Frage stellen könnten oder uns gestellt haben: „Kann das Alles Zufall sein? Oder steckt da mehr dahinter?“     
    Und wenn wir ehrlich zu uns selber sind, wissen wir insgeheim, dass „mehr“ dahinter stecken muss. Das es solche Zufälle eigentlich gar nicht geben kann. Das dem eine LENKUNG zugrunde liegen muss!
      Ich selber kann mich aus meiner agnostischen Zeit an einige ganz außergewöhnliche und begünstigende Zufälle erinnern. Sie haben mich für einen Moment tatsächlich in ein sprachloses Erstaunen versetzt. Mir das Gefühl vermittelt, dass es da JEMAND wohl gut mit mir meint. Aber schon wenige Augenblicke später war dieser Gedanke dann wieder von meiner üblichen „Denke“ geschluckt worden. Und habe auch später nicht mehr weiter über den „Zufall“  nachgedacht.

Wie kommt es, dass wir solche ahnungsvollen Momente ungenutzt verstreichen lassen? Und nicht weiter damit auseinandersetzen (wollen) und schnell wieder zur Tagesordnung übergehen?
   Ich vermute, dass dies eine Art Schutzmechanismus ist. Intuitiv spüren wir, dass ein weiteres Nachdenken unser bisheriges Weltbild und Leben durcheinanderwirbeln könnte. Und davor haben wir Angst. So wird das vermeintlich „Bedrohliche“ erst einmal weggeblendet. Vielleicht kann man ja irgendwann später noch einmal darüber nachdenken, beruhigen wir unser Gewissen. 

Vermutlich würde heute mein Umgang mit den erstaunlichen ZUFÄLLEN des Lebens noch genauso laufen wie damals in meiner agnosthischen Phase. Ich wäre einen Moment lang überrascht, würde es aber schnell verdrängen und wieder zur Tagesordnung übergehen.
     Aber 1985 geschahen Dinge in meinem Leben, der mich bis in meine Grundfesten erschütterten und mich ohne jeden Zweifel erkennen ließen, WER hinter den früheren Zufällen gesteckt hatte. Auf einmal war Alles klar!
    Es war der Gott meiner Kindheit, der christlich-biblische Gott! Wer meine dramatische Bekehrungsgeschichte von damals lesen möchte, hat hier Gelegenheit dazu: (hier clicken)

Mittwoch, 18. März 2015

Irren ist menschlich!

 
Vor einer Reihe von Jahren wurde ich von einigen Leuten hart attackiert und kritisiert aufgrund meines abwartenden Verhaltens in meiner damals recht schwierigen  Lebenssituation. Einerseits war ich wütend, andererseits deprimiert. Man urteilte nach dem Augenschein, ohne aber mich und meine Situation wirklich zu kennen!
      Eines Nachmittags fuhr ich in die Universität, wie ich es damals häufiger tat, und begab mich in den Bereich der Fachbibliotheken zum Lesen. Ich hatte gerade meine Sachen im Schließfach verstaut und ging an der Buchregistratur vorbei, als ich eine Frau lachend sagen hörte: "Irren ist menschlich!"
     Dieser Satz traf mich in meinem Innersten, ohne dass ich den Grund dafür hätte nennen können. Etwas irritiert machte ich mich auf den Weg zu meinem Lieblingsplatz. Nach einigen Metern kam ich plötzlich auf die Idee, meine Richtung zu ändern. So bog ich links ab und ging einfach wie in einer Art "Blindflug" ziellos weiter, gerade wie es mir in den Sinn kam. Ich war gespannt: Wo würde es mich hinführen?
     Schließlich stoppte ich vor einem Buchregal und griff ohne Hinsehen hinein. Ich holte ein Buch heraus und schaute neugierig auf den Titel. Über den Irrtum, war da zu lesen. Hastig schlug ich die erste Seite auf und las die Überschrift des ersten Kapitels: Irren ist menschlich! 
 
Um es noch einmal klar herauszustellen, zwischen der Bemerkung der Frau "Irren ist menschlich" und dem Blick auf das Kapitel "Irren ist menschlich" lagen etwa zwei Minuten experimenteller Blindflug durch eine riesige Bibliothek im Vertrauen auf eine göttliche Lenkung. 
     Den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit diesem Buch und las es bis zur Hälfte durch. Als ich schließlich es wieder zurückstellte und kurz danach die Bibliothek verließ, war ich ein getrösteter Mensch. 
     Ich hatte begriffen, dass der Irrtum ein Teil der menschlichen Natur ist und sich - in der ein oder anderen Weise - bei jedem Menschen.Und dies ist viel häufiger der Fall, als es uns lieb sein könnte. Und in diesem Sinne wurde dann auch der Irrtum meine Kritiker verständlicher und leichter erträglich. Es war eben ... menschlich!